Unter den Fahrern der ADAC MX Masters geht es nicht nur aufgrund der Temperatur seit Sonntagabend heiß her, denn sämtlichen Teilnehmern der Premium-Klasse wurde das Qualigeld als Kollektivstrafe gestrichen.
100 Euro Qualigeld bekommt jeder Fahrer, der sich in der Masters-Klasse für die Rennläufe qualifiziert. Ausgezahlt werden diese nach den Rennen beim Abmelden im Rennbüro, doch am vergangenen Sonntag gingen die Fahrer in Tensfeld leer aus und sind darüber nicht erfreut.
Was war geschehen?
Laut dem ADAC wurden bei einem Sturz die Flaggensignale von vielen Fahrern nicht beachtet, was kein Einzelfall gewesen sein soll: „Seit dem Saisonbeginn haben wir immense Probleme mit der Missachtung von Flaggensignalen“, schildert uns Oliver Runschke vom ADAC auf Nachfrage. Des Weiteren erklärt Runschke, dass in manchen Regionen sogar Rettungsdienste und Ärzte Anfragen von Veranstaltern aufgrund der akuten Gefährdungssituation ablehnen. Ähnliches berichteten uns auch schon regionale Serienveranstalter.
„Zuletzt haben wir euch in Mölln intensiv gebeten, unsere Warnungen ernst zu nehmen, da wir andernfalls gezwungen seien, zu weiteren Mitteln zu greifen. Leider kam es trotz unserer wiederholten Aufforderungen und Appelle auch in Tensfeld zu Vorkommnissen, die nicht akzeptabel sind“, heißt es auszugsweise in einem Schreiben von Dieter Porsch (Leiter Motorradsport ADAC) an Teams und Fahrer, was am Dienstag per Mail verschickt wurde und uns vorliegt. Als Konsequenz strich der ADAC also am Sonntag für sämtliche Fahrer der Masters-Klasse die 100 Euro Qualigeld und spendete diese an die „Wings for Life“-Stiftung für Rückenmarksforschung. Der ADAC betonte immer wieder, dass es ihm um die Sicherheit alle Beteiligten ginge, egal ob Fahrer, Helfer oder Streckenposten.
Was sagen die Fahrer?
Natürlich haben wir auch mit den Fahrern gesprochen, die alle mehr oder weniger der gleichen Meinung sind. So hat keiner kritisiert, dass man bei gelb geschwenkter Flagge nicht springen darf, jedoch stören sich alle an der Kollektivstrafe und der Art und Weise der Kommunikation. Viele Fahrer berichteten sogar, dass es keine dringlichen Warnungen in Mölln oder Tensfeld gegeben habe, sondern lediglich eine kurze Mail am Freitag vor Tensfeld.
Einige Fahrer berichteten auch, dass die Flaggensignale nicht optimal zu sehen gewesen seien, was man als aktiver Motocrosser selbst schon oft genug erlebt hat. Alle kritisieren aber hauptsächlich die Kollektivstrafe, die „der aufgeklärten Grundhaltung europäischer Kulturtradition widerspricht, wonach jeder für seine Taten eine individuelle Verantwortung trägt“, wie es bei Wikipedia heißt. Solche Kollektivstrafen kennt man vielleicht noch aus der Schule oder aus der Bundeswehr, doch welchen Effekt soll dies bei den Fahrern erzielen? So wird sich doch nun jeder Fahrer denken: „Ob ich bei gelb springe oder nicht ist doch egal, es bekommen ohnehin alle Fahrer eine Strafe.“ So geschehen zum Beispiel bei Lukas Platt oder Mike Stender, die nicht eine Runde in dem Rennen absolvierten und trotzdem kein Geld bekamen.
Wo ist da also eine solche Kollektivstrafe fair? Logisch ist, dass es einfacher ist, pauschal alle zu bestrafen als die Schuldigen zu identifizieren, was zugegebenermaßen je nach Ort und Hektik auf der Strecke schwer ist. Aber ohne Beweise Strafen zu verhängen ist nicht rechtens. Oder ist das in einem solchen Fall anders? Zwei Dinge sind allerdings recht eindeutig: Die Verantwortlichen verhängen häufig Strafen (z.B. SX Chemnitz 2018: 22 Strafen) und viel wichtiger: Flaggensignale, gerade wenn es um die Sicherheit geht, sollten beachtet werden!
Ist Kommunikation das Problem?
Der zweite große Punkt, den die Fahrer und Teams bereits seit Längerem kritisieren, ist die mangelnde Kommunikation seitens des ADAC und dessen Verantwortlichen. So wurde am Sonntag keiner der Fahrer darüber informiert, warum es kein Qualigeld gab: „Von denen, die die Entscheidung getroffen haben, war weit und breit nichts zu sehen. Auf Nachfrage wusste im Rennbüro niemand, warum wir kein Geld bekamen, sondern nur, dass es gespendet wird“, berichteten viele betroffene Fahrer. Einige versuchten noch vor Ort, bei Verantwortlichen mehr herauszufinden, erhielten jedoch anstelle von hilfreichen Informationen teils unsachliche Schuldzuweisungen.
Ähnliche Probleme gab es bereits in Fürstlich Drehna, wo Michi Sandner seine schnellste Runde im Zeittraining gestrichen wurde und er dadurch ins LCQ rutschte, ihn aber keiner davon in Kenntnis setzte und er nur durch Zufall davon erfuhr. Sein Protest wurde damals wegen eines Formfehlers abgelehnt. Zusätzlich bekam er 200 Euro Strafe aufgebrummt, weil er nicht zur Siegerehrung des LCQ erschien. Michi schilderte jedoch, dass er sich davon aufgrund von technischen und körperlichen Problemen abmeldete und dies bestätigt worden sei. Was wahr ist, wissen wir natürlich nicht.
Zurück zum Thema: Sportkommissar, Renndirektor oder ähnliches zu sein und die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist kein leichter und beliebter Job. Wir sind uns aber sicher, dass viele derzeitige Probleme mit etwas mehr Motivation für Kommunikation mit Fahrern und Teams gar nicht erst auftreten würden. Immer wieder hören wir von Fahrern, dass sie das Gefühl haben, das fünfte Rad am Wagen zu sein. Ob es möglicherweise, wenn dem nicht entgegengewirkt wird, eines Tages zu einer Revolte der Fahrer kommt?