Nächste Woche steht für viele MX-Fans das Highlight des Jahres auf dem Programm. Im französischen Ernée wird einmal mehr um den Titel der schnellsten Motocross-Nation der Welt gefahren. Viele starke Trios werden sich der Herausforderung stellen, doch bei einigen ist die Zusammensetzung nicht immer ganz nachvollziehbar.
Ken Roczen war die letzten zehn Jahre nicht mehr auf europäischem Grund am Start und sorgte mit seiner diesjährigen Teilnahmebestätigung für das MxoN in Frankreich für Furore. Auch das Team USA war in aller Munde und schien bei der Teamzusammensetzung vorerst etwas Probleme zu haben. Viele hätten neben Christian Craig auch mit Cooper Webb und Haiden Deegan gerechnet. Stattdessen werden Aaron Plessinger und RJ Hampshire an Craigs Seite stehen. Welche Faktoren und Instanzen haben auf den Ausgang einer solchen Entscheidung Einfluss? Wollen die Fahrer selbst nicht an den Nations teilnehmen oder wird ihnen diese Entscheidung abgenommen? Ein Gespräch mit Roger De Coster und Haiden Deegan selbst machten das Auswahlverfahren etwas transparenter.
Zunächst ist im Hinblick auf das Team USA auffällig, dass Deegan und Webb aus dem gleichen Team kommen. Dies gibt schonmal einen ersten Hinweis darauf, wer letztendlich das Zepter in der Hand hat. Doch warum sollte ein Team etwas dagegen haben, dass ihre Fahrer an dem wohl prestigeträchtigsten Rennen der Welt teilnehmen? Schließlich ist dies eine einmalige Möglichkeit, sich als Amerikaner mit den Europäern zu messen und natürlich auch andersrum.
Laut Roger De Coster liegt das Problem für die Teams darin, dass es außer Prestige nichts zu holen gibt. Und wenn man genau hinschaut, dann nichtmal so richtig das, denn die Fahrer treten dort vorrangig für die Farben ihres Landes an und nicht für die ihres Teams. Dennoch müssen die Teams die meisten Kosten bei dieser Veranstaltung selbst tragen, denn vom Nationalverband gäbe es in den meisten Fällen nur die Flüge und die Unterkunft gestellt, so Roger De Coster. Es ist also ein Event für die Teams, in welches weitaus mehr investiert wird als gewonnen werden könnte. Ein weiterer und häufig noch viel ausschlaggebenderer Punkt ist das existierende Risiko für die Fahrer und damit auch für die Teams.
Der absolute Super-GAU für ein Team wie Star Racing Yamaha wäre, wenn sie ihre besten Männer zu dieser Veranstaltung schicken, sie sich verletzen und dann für folgende wichtige Meisterschaftsrennen ausfallen. So wurde auch die Entscheidung begründet, das 17-jährige Nachwuchs-Talent Haiden Deegan nicht starten zu lassen. Die Risiken wären zu hoch für einen talentierten und noch jungen Fahrer wie ihn, sodass sein Team ihm die Teilnahme untersagte. Laut De Coster wäre dieser nämlich nominiert gewesen. Auch Deegan selbst sah einer Teilnahme äußerst positiv entgegen, schließlich haben er und sein Vater das große Ziel vor Augen, sich mit der ganzen Welt zu messen. Doch manchmal gibt es eben höheren Instanzen, welche eine Teilnahme unmöglich machen.
Die Motocross of Nations sind ein fantastisches Event für Fans und Fahrer, doch stellen eine finanzielle Herausforderung mit hohen Risiken für die Teams dar. Laut De Coster könnte die Attraktivität für die Teams nur erhöht werden, wenn es eine höhere Preisgeldausschüttung gäbe oder eine Art Absicherung, um das Risiko für die Teams zu reduzieren. Das könnte zum Beispiel eine Entschädigung bei einem Ausfall für weitere Meisterschaftsläufe sein. Der Fall mit Webb und Deegan ist dabei nur einer von vielen innerhalb der letzten Jahre.
Auch Kenny war mit Herausforderungen dieser Art in den vergangenen zehn Jahren konfrontiert. Mit seinem neuen Team ist er bei jeglichen Entscheidungen nun viel freier. Als dann auch noch die WSX-Rennen in Singapur und Deutschland abgesagt wurden, stand es für ihn außer Frage, ob er Deutschland nach langen Pause erneut bei den MxoN vertreten würde. Es ist also nicht immer nur eine Frage des Wollens, sondern oft auch des Dürfens. In diesem Sinne: Welcome back, Kenny!